Nach berufsbedingt mehrjähriger Abwesenheit, bin ich seit 2018 wieder in meinem heimatlichen Landkreis verankert und verfolge seitdem die regionalen Entwicklungen. Auffällig ist mir dabei, dass viele gesellschaftliche Verantwortungsträger einen ideologischen und/ oder spezifisch auf ihre Individualinteressen ausgerichteten Tunnelblick besitzen. Ein durchaus gesunder Egoismus ist bei lokalen Vertretern der Wirtschaft unbedingt erklärlich und oft mitbestimmend für deren Existenz. Da ist es umso anerkennenswerter, wenn sich etliche Unternehmen aus Produktion, Handel und Dienstleistungsgewerbe zusätzlich sozial einbringen; sei es durch Einzelspenden, durch Sport- und Kulturförderung oder anderweitig hilfreichen Ressourceneinsatz zum Wohle unserer Menschen vor Ort.
Weniger verständlich ist mir jedoch, wenn einige nichtstaatliche Organisationen, bspw. aus den Bereichen von Karitas, Diakonie, Islamischen Vereinigungen oder Gewerkschaftsverbänden, zuerst in egoistisch motivierte Lobbyarbeit investieren; und sich erst danach um die ihnen zuerkannten nicht zu ideologisierenden, sozialen Verantwortlichkeiten gegenüber unseren Menschen kümmern. Kein Verständnis habe ich, wenn gut dotierte Führungskräfte mit sicherem Arbeitsplatz im öffentlichen Dienst mitunter durch nur mäßigen Einsatz von Herz und Verstand auch nur mangelnden Erfolg aufweisen. Und absolutes Unverständnis bleibt mir beim Blick auf parteiisches Machtkalkül jeder politischen Couleur, welchem zu oft die vital grundsätzlichen Belange unserer Bürger und Unternehmen geopfert werden. Daraus ergeben sich ungut routinierte Handlungsmuster, welche insbesondere auch für unseren Landkreis negative Langzeitwirkung entfalten.
So scheint bereits bei vielen Vertretern der Thüringer Landesregierung und deren nachgeordneter Behörden fest in deren Köpfe eingebrannt, dass unser Landkreis Altenburger Land bis 2040 etwa 20‘000 Menschen verlieren wird, damit nur noch etwa 70‘000 Einwohnern Heimat ist. Es wurde eine demografische Entwicklungslinie gezeichnet, welche von vielen unserer Verantwortungsträger resignativ und ungefragt als „Gott gegeben“ hingenommen wird. Und dementsprechend erkennbar sind Motivation und planendes Handeln nach vorn – alles im Zeichen verkündeten Abwärtstrends und erwarteten Niedergangs. So ringt man erkennbar hart im Klinikum Altenburger Land um ausreichend Mediziner und Krankenpflegepersonal. Aber wo bleiben die lockenden Angebote der zuständigen Kreiskommunen für potentielle Arbeitnehmer? Ein Wohnumfeld zum Wohlfühlen mit guter und tragfähiger Infrastruktur ist weiter ausbaubar. Dazu ein Abbau von unzeitgemäßem Bürokratieaufwand, inklusive einer Reduzierung immenser Bauauflagen sowie Freigabe attraktiver Baugrundstücke – es gäbe sicher Ansatzmöglichkeiten.
Ein gleichartiges Angebot könnte auch Schulpädagogen in den Landkreis locken. Für diese müssen aber noch deutlich bessere Arbeitsbedingungen geschaffen werden. In vielen Berufsfeldern arbeiten wir hinsichtlich verfügbaren Personals aktuell auf Verschleiß, aber ebenso die Lehrer(innen) sind hart betroffen. Und hier wirkt auch die leidige Trennung der Zuständigkeiten negativ, denn während Landkreiskommune bzw. Stadt Altenburg als Schulträger für die baulich-logistische Infrastruktur Verantwortung besitzen, ist die Personalhoheit über die Lehrkräfte beim Schulamt Ostthüringen. Wenn also seitens des Schulamtes keine Lehrer(innen) zugeführt werden, dann können Schulleiter(innen), Bürgermeister(innen), sowie Kreis- und Stadträte „Purzelbäume schlagen“ – die Beschulung unserer Kinder in einem flächendeckend engmaschigen Schulnetz wird dann nicht von Bestand sein. Doch erkenne ich keine Bemühungen seitens des Landesparlamentes, der Landesregierung oder deren nachgeordneter Behörden, die Arbeitsbedingungen für Thüringer Lehrer(innen) zumindest denen in Sachsen und Sachsen-Anhalt anzugleichen. Vielmehr ist man mit sich selbst beschäftigt; feilscht um Mehrheitskonstellationen und Ministerposten während die Bevölkerung monatelang ohne gute Regierungsarbeit auf sich gestellt bleibt. Und warum auch Lehrer(innen) in das Altenburger Land entsenden; ist unser Landkreis doch absehbar um 20‘000 Einwohner kleiner … wem da nichts Böses schwant. So werden sich junge Lehrkräfte auf Arbeitssuche wohl weiterhin lieber außerhalb des Landkreises orientieren.
Das erwartete, rapide Abschmelzen unserer Landkreisbevölkerung reflektiert sich ebenso in der Verteilung von Behörden und nachschulischen Lehreinrichtungen des Freistaates, welche man im Altenburger Land (abgesehen vom Staatsarchiv Altenburg) vergebens sucht. Beispielsweise wurden in 2019 erstmals 400 Lehramtsanwärter für den Grundschulbereich an der Uni Erfurt angenommen, und damit etwa doppelt so viele wie in den Jahren zuvor; wobei sich jedoch nicht abzeichnet, dass dieser Studiengang anteilig nach Ostthüringen verlegt wird. Doch verweist die Stadt Altenburg mit dem ehemaligen Institut für Lehrerbildung (IfL) auf eine diesbezüglich langjährige Standorttradition und bietet reichlich ungenutzte Gebäudeinfrastruktur. Und wieder drängt sich der Verdacht auf, dass manch Erfurter Amtsschimmel eher einem störrischen Esel gleicht. Jegliche Revitalisierung des Altenburger Landes, welche dem weiteren Bevölkerungsschwund Einhalt gebieten könnte, wird kategorisch unterbunden. Offenbar lassen jahrelange rot-rot-grüne Planwirtschaft sowie Realisierungswünsche für ein sozialistisches Staatsgefüge jeden Wirklichkeitsbezug verlieren und mit größter Kraftanstrengung weiter die demografische Abwärtsspirale drehen.
Seit Wochen bleiben auch Anfragen an das Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft ohne verwertbare Antwort. In Altenburg sollen 110 Mitarbeiter der Südost Fleisch GmbH entlassen werden, mit erheblichen Negativfolgen für schweinezüchtende Landwirtschaftsbetriebe unseres Landkreises. In Sachsen müht sich der Landwirtschaftsminister (B90/ Die Grünen (!) ) um Erhalt jedes regionalen Schlachtbetriebes. Bisher nicht so erkennbar beim Thüringer Amtskollegen und dessen Staatssekretär (beide Linke). Es erscheint, dass die noch geschäftsführende Ramelow-Regierung alles daran setzt auch intakte Betriebe im Landkreis zur (Teil-) Aufgabe von Geschäftsfeldern zu zwingen. Und sind die Schweineställe im Altenburger Land erst verschwunden, dann können mehr Windräder aufgebaut werden. Diese Windkraftanlagen sollen dann wohl wegbrechende Energiegewinnung kompensieren, wenn entgegen lang ausgehandelter Kompromisse nun doch die sehr baldige Schließung uns naheliegender Kohlekraftwerke droht (bspw. Schkopau). Damit können diese Betriebe dann nicht mehr geordnet bis 2038 umstrukturieren; können ihre Beschäftigten nicht in neue, gut bezahlte Arbeit überführen; aber werden Milliarden (Steuer-) Euro als Entschädigung für die vorzeitige Stilllegung ihrer Kraftwerke kassieren. Im Bergbaubereich können die bereits erfolgreich begonnenen Projekte zur Renaturierung durch die Unternehmen nicht abgeschlossen werden, weswegen auch hier der Staat mit weiteren zig-Millionen Euro Steuergeldern einspringen wird. Und die ehemals in Bergbau und Kraftwerk Beschäftigten werden in großer Anzahl wegziehen. Fazit: Die rot-rot-grüne Landesregierung tut wirklich alles, um die Bevölkerung im Altenburger Land im Eiltempo zu reduzieren.
Ganz im Stile eines kleinen Schwedenmädchens möchte man Herrn Ramelow zurufen: „Sie zerstören sehenden Auges unser Altenburger Land. Sie nehmen wissentlich unseren Kindern eine gute Zukunft in ihrer Ostthüringer Heimat. How dare you?“
Doch bleibe ich ein beharrlicher Don Quichote im ungleichen Kräftemessen, streite weiter gegen rot-grüne Stromwindmühlen, gegen das unnötig weitere Ausdünnen unserer geschrumpften Bevölkerung und unseres ohnehin geringen Baumbestandes, sowie für einen insgesamt lebenswerten Landkreis mit gesund ausgewogenem Dreiklang von Ökologie, Ökonomie und Sozialem.
Ihr Uwe Rückert