Nach unserem letzten Artikel „Thüringer Gesetz zur Erinnerungsreform im öffentlichen Raum“ gab es ganz überwiegend zustimmende Reaktionen, aber vereinzelt auch heftige Ablehnung. Zudem, wenngleich im Text unverkennbar hervorgehoben, entging gerade manch harschem Kritiker die Tatsache, dass es ein speziell auf den 1. April datierter Beitrag war. Umso mehr offenbart es einen bedenklichen Zustand unserer Gesellschaft, denn sachlich-inhaltlich ist diese April-Satire umfänglich richtig. Unterschiedlich interpretierbar bleibt, ob es Übertreibung, Untertreibung oder doch gerade angemessen war. Ganz unzweifelhaft ist jedoch, dass dieser zugegeben derbe Aprilscherz gerade jene Mitbürger wütend stimmte, welche freiheitliche Gesellschaftsordnungen von liberal bis konservativ ablehnen. Nachweislich wird das besonders dann, wenn diese uns krampfhaft in ein politisch rechtes und rechtswidriges Lager verorten möchten, allein weil wir unterschiedliche Ansichten zu ihnen vertreten. Damit wird jedoch selbst die Satire als Form freier gesellschaftskritischer Äußerung angegriffen und einer angestrebten Verbotsdiktatur zu unterwerfen versucht.

Bedenklich stimmen sollte ebenfalls, dass es vielen Menschen heutzutage scheinbar schwerfällt zwischen politischer Satire und tatsächlichem Regierungshandeln zu unterscheiden. Insgesamt also kein Ruhmesblatt für die politischen Verantwortungsträger, wenn einige Bürger wirklich annahmen, die Umbenennung von Plätzen/ Straßen sei nunmehr staatlich angeordnet. Sagt es doch aus, dass man unseren Regierungsverantwortlichen tatsächlich derartige Gesetze zutraut; wobei gerade etliche der bisherigen Corona-Verordnungen solchem Misstrauen einige Berechtigung verleihen. Zum Tragen kommt wohl auch die Volksweisheit, dass getroffene Hunde bellen. Wenn nun gerade Vertreter von Die Linke sich angegriffen fühlen, dann ist es höchste Zeit für deren Selbstreflexion. So manche lokalprominente Mandatsträger von Die Linke bezeichnen unbescholtene und verdiente Mitbürger öffentlich und schamlos dreist als Faschisten, Lügner und Schleimer, vornehmlich weil diese nicht in deren oft radikal-übergriffige Polemik einstimmen. Umgekehrt echauffiert man sich jedoch überschwänglich, wird die willkürliche und privat veranlasste Errichtung eines Denkmals für Wilhelm Pieck im öffentlichen Raum lediglich von satirischer Kritik begleitet. Der hier verantwortlich zeichnende Bürgermeister (Die Linke) ist für sein hohes Engagement zum Wohl seiner Gemeinde bekannt, völlig unbestritten. Doch sein Handstreich, einem Vertreter linken Staatsterrors im Jahr 2009 in unserem Landkreis ein Denkmal zu errichten, wird deswegen nicht legitimiert.

Jedem Zweifler ist dazu ein Quellenstudium bei der Bundeszentrale für Politische Bildung empfohlen. Hier auszugsweise aus dem Verantwortungszeitraum des DDR Präsidenten Pieck: De facto Abschaffung der Demokratie durch SED-seitig festgelegte Einheitswahllisten/ Manipulation von Wahlergebnissen im großen Stil/ blutige Niederschlagung von Arbeiterprotesten mit Hilfe der Sowjetarmee am 17. Juni 1953/ stalinistisch ausgerichtete Strafjustiz zur Verfolgung von Systemkritikern/ Errichtung des Ministerium für Staatssicherheit (MfS/Stasi) zur Unterdrückung jeglicher Opposition in der DDR/ Enteignung von Privatbesitz und Aufbau einer dysfunktionalen Planwirtschaft/ Beteiligung an aggressiver Militärpolitik und nuklearem Wettrüsten im Warschauer Pakt/ Anstreben des Kommunismus als alleinige Staatsform usw.

Nach dem Übel des europäischen Imperialismus und dem Grauen des daraus erwachsenen Ersten Weltkrieges, rief der Sozialdemokrat Scheidemann im November 1918 in Deutschland die Republik aus. Pieck hingegen organisierte sich gemeinsam mit Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg im kommunistischen Spartakusbund, welcher sich im Januaraufstand 1919 gewaltsam gegen die erste demokratische Regierung der noch jungen Weimarer Republik unter ihrem Präsidenten Friedrich Ebert (SPD) richtete. Die darauffolgende Verhaftung der sich versteckt haltenden linksradikalen Revolutionäre wurde immer wieder mit Denunziantentum in Verbindung gebracht, wobei der Name Wilhelm Pieck sehr prominent genannt ist. Erhärtet wird ein diesbezüglicher Vorwurf, weil nach der Festnahme aller drei Mitbegründer der KPD allein Liebknecht und Luxemburg von reaktionären Freischärlern brutal ermordet wurden, während Pieck in nebulösen Umständen wieder auf freien Fuß kam. Warum also in den neuen Bundesländern nach 1990 viele ehemalige Liebknecht-Plätze und Luxemburg-Straßen umbenannt wurden, ist wohlbegründet, denn die Gemeinsamkeiten zwischen unserer Bundesrepublik und Weimarer Republik sind zweifelsfrei, existieren jedoch nicht mit der ehemaligen DDR oder kommunistischen Weltbildern. Wilhelm Pieck ist gleich den gegenüber der Weimarer Republik gewalttätig umsturzwilligen Kommunisten Liebknecht und Luxemburg einzuordnen und darüberhinaus eben nicht nur ein Widerstandskämpfer gegen die verbrecherische NS-Diktatur, sondern auch ein herausragender Protagonist des nachfolgenden SED-Unrechtsregimes. Wer ihn als Symbolfigur für Frieden und Freiheit anpreist, ihm deshalb in heutiger Zeit ein Denkmal errichtet, der verfälscht nicht nur die Geschichte, sondern besitzt augenscheinlich auch ein sehr fragwürdiges Verhältnis zur Bundesrepublik Deutschland mit ihren Normen und Werten. Wer darüberhinaus solch ein Denkmal begrüßt(e), der hängt gefährlich verklärender SED-Nostalgie an und identifiziert sich geistig-moralisch offenbar nicht mit unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung.

Schlussendlich und klarstellend – es wird natürlich keine Umbenennung von Plätzen/ Straßen geben. Das hierzu punktgenau zum 1. April genannte Landesgesetz ist nur eine Persiflage, anknüpfend an aktuelle (leider sehr reale) Bilderstürmerei gegen andere Persönlichkeiten der Geschichte, welche nicht einem grassierenden linksideologischen Zeitgeist entsprechen. Es ist eine Mahnung, die Vorgängergenerationen auch immer im Kontext ihrer Zeit und damals bestehender Rahmenbedingungen einzuordnen, statt diese vorschnell als Rassisten, Antisemiten, religiöse Eiferer, Kolonialisten, Menschenfeinde etc. zu beschimpfen, denn dann träfen solche Anschuldigungen eben auch die großen Vordenker der kommunistischen Weltanschauung, Marx und Engels. Linksradikale Ideologen prägten deshalb wohl zielgerichtet einen künstlichen, synonymen Sammelbegriff für jene Menschen, welche nicht ihren Ansichten entsprechen und bezeichnen sie in abwertend gemeinter Art als „alte weiße Männer“.  Leider werden auf derart geistlos billigem Niveau auch stetig mehr rechtschaffene Bürger böswillig attackiert, insbesondere wenn diese im Angesicht sich verdichtender, politischer Extreme warnend ihre Stimme erheben. Unser rein satirisch verfasster Artikel ist deshalb tatsächlich ein Aufruf zur Mäßigung gewesen und hält allein den radikalen Geistern unserer Zeit einen Spiegel vor. Die vielfältig erfahrenen Reaktionen erlauben unsererseits deshalb auch ein Fazit: Der karikaturistisch gestaltete Aprilscherz, mit seinem durchaus ernsten Hintergrund, hat einen Nerv getroffen und wichtige Diskussionen wieder angeregt, war schon deshalb keineswegs fehlplatziert.

Ihre Starke Heimat; 05. April 2021